Deutsche Gesellschaft für Ökonomische Bildung

"Interaktive Schulbücher am Beispiel Finanzkompetenz"

15.3.21 14:30 (Manuel Froitzheim, Michael Schuhen, Universität Siegen)

Vorbemerkungen

Digitalität im Sinne von Castells (2017) verschränkt mit Blick auf den Unterricht die „digitalen“ und „analogen“ Wirklichkeiten. Wir haben es mit einem Übergang von analogen Handlungsformen in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen zu digitalen Handlungsformen zu tun. Besonders stark trifft dies auf den Bildungsbereich zu. Es wäre jedoch misslich, wenn im Sinne der digitalen Transformation Wirtschaftsunterricht zwar durch digitale Möglichkeiten angereichert würde, dies aber nur, um letztlich dasselbe wie vorher zu machen. Stattdessen geht es um Unterricht, der gegenüber dem Bestehenden einen Mehrwert hat. Didaktisch unterkomplexe digitale Transformation im Bildungsbereich löst die Probleme von Unterricht nicht und hebt auch nicht die Potentiale einer Bildung in der digitalen Welt (KMK 2016).

 

Interaktivität als moderner Schlüsselbegriff steht im Zentrum der interaktiven Schulbücher wie sie am DiWiS gesehen werden. In ihrer pädagogischen Auslegung soll Interaktivität den Lernenden zielgerichtete Eingriffs- und Steuerungsmöglichkeiten eröffnen. Ziel ist ein individualisiertes Lernen und eine Orientierung an den Interessen und Bedürfnissen der Lernenden (Schuhen/ Froitzheim 2020 und Froitzheim/ Schuhen 2015). Durch interaktive Angebote (Schuhen 2020) sollen die Lernenden zu eigener Aktivität und Konstruktivität angeregt werden. Interaktivität verpflichtet aber auch dazu, Lernende miteinander zu vernetzen, damit sie im Austausch über gemeinsame Lernangebote miteinander Lernergebnisse erzielen und dies auch weltweit (Schuhen/ Froitzheim 2018). Interaktivität erfordert aber auch ein Überdenken bisheriger Aufgabenstrukturen und führt auf der Basis des Digitalen zu völlig neuen Möglichkeiten ökonomischer Lehr-Lernprozesse (u.a. Weyland/ Schuhen und Weyland/ Stommel 2016 sowie Kirchner/ Loerwald 2013).

 

Kollaboration bedeutet in diesem Zusammenhang ein gemeinsames Erarbeiten von Unterrichtsinhalten oder Lösen von Problemstellungen. Interaktive Schulbücher für den Wirtschaftsunterricht stellen kollaborativ zu bearbeitende Aufgaben bereit und führen die Ergebnisse gezielt zusammen. So entsteht beispielsweise durch arbeitsteiliges Vorgehen ein Schülerwarentest (Froitzheim et al. 2018) oder ökonomische Handlungssituationen können in gemeinsamen Simulationen erfahren und ausgewertet werden.

 

Zum Inhalt des am DiWiS entwickelten interaktiven Schulbuchs zur Finanzkompetenz

Der Umgang mit Geld erfordert Finanz- und Planungskompetenz. Mit Geld umgehen zu können, ist eine grundlegende Fertigkeit, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben führen zu können. Daher ist es sinnvoll, relevante Inhalte auch in der Schule aufzugreifen. Fragen zum Thema Finanzkompetenz gibt es in jedem Fall genug: Wozu benötige ich ein Girokonto? Welche Verfahrensabläufe gibt es bei einer Verschuldung? Und wozu benötigen wir überhaupt Geld?

Ziel des digitalen Schulbuchs zur Finanzkompetenz ist, Schülerinnen und Schülern die wichtigsten Grundlagen zum Thema Finanzkompetenz zu vermitteln. Angefangen von der Frage, warum wir wirt- schaften müssen und warum es Geld überhaupt gibt, stehen unterschiedliche Formen von Geld (Bar- und Giralgeld) sowie die Behandlung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs im Zentrum. Finanzkompetenz umfasst aber auch finanzbezogene konsumrelevante Inhalte wie Rechte und Pflichten jugendlicher Verbraucher und selbstbestimmte Kaufentscheidungen bis hin zu alltagsbezogenen Inhalten wie dem Girokonto, der ersten eigenen Wohnung und dem Thema Verschuldung. Mit anschaulich aufbereiteten Inhalten und zahlreichen interaktiven Elementen wie z.B. einer Girokontensimulation, sowohl zwischen den Schülerinnen und Schülern und ihrem Endgerät als auch innerhalb der Lerngruppe, trägt das digitale Schulbuch zur Finanzkompetenz so zur Stärkung der Finanzkompetenz junger Menschen in Nordrhein-Westfalen bei. Das digitale Schulbuch ist für den Einsatz im regulären Präsenzunterricht konzipiert, enthält aber auch Elemente, die im Homeschooling eingesetzt werden können.

 

 

 

Literatur:

 

Castells, M. (2017): Der Aufstieg der Netzwerkgesellschaft. Das Informationszeitalter. Wirtschaft. Ge- sellschaft. Kultur. 2. Aufl., Wiesbaden.

 

Kultusministerkonferenz (2016): Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultusministerkonferenz. Online unter https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2017/Strate- gie_neu_2017_datum_1.pdf

 

Froitzheim, M./ Schuhen, M. (2015): Das ECON EBook als interaktives und multimediales elektroni- sches Schulbuch für den Ökonomieunterricht. In: Pongratz, Hans/ Keil, Reinhard (Hrgs.): DeLFI 2015 – Die 13. E-Learning Fachtagung Informatik der Gesellschaft für Informatik. Bonn (Köllen Druck+Ver- lag), S. 253-264.

 

Froitzheim, M./ Retzmann, T./ Schuhen, M. (2018): Schülerwarentest digital. Online verfügbar unter www.schuelerwarentest.de

 

Kirchner, V./ Loerwald, D. (2013): Ökonomische Bildung im Zentralabitur. Online unter http://www.ioeb.de/sites/default/files/pdf/01_121212_Loerwald%20-%20Kirchner_Zentralabi- tur_Diskussionspapier.pdf.

 

Schuhen, M./ Froitzheim, M. (2015): Konzeption des ECON EBooks mit dem Fokus „Gute Aufgaben“. In: Schuhen, M./ Froitzheim, M. (Hrsg.): Das Elektronische Schulbuch. Fachdidaktische Anforderun- gen und Ideen treffen auf Lösungsvorschläge der Informatik. Münster, S. 139-156.

 

Schuhen, M./ Froitzheim, M. (2018): Elektronische Schulbücher In: Pädagogische Führung 1/2018, S. 33-36.

 

Schuhen, M./ Weyland, M. (2011): „Marktwirtschaft“ unterrichten – aber wie? In: GWP, 3/2011, S. 383-387.

 

Schuhen, M. (2020) Wirtschaftsdidaktik. Ein interaktives Lehrbuch. Online verfügbar über https://uni- siegen.econ-ebook.de

 

Weyland, M./ Schuhen, M. (2014): Interaktive domänenspezifische Aufgabenkultur in der ökonomi- schen Bildung. In: Schuhen, Michael/ Froitzheim, Manuel (Hrsg.): Das Elektronische Schulbuch. Fach- didaktische Anforderungen und Ideen treffen auf Lösungsvorschläge der Informatik. Münster, S. 135- 154.

 

Weyland, M./ Schuhen, M. (2015): Fachmethodisch geleitete Generierung, Entwicklung und Evalua- tion kognitiv aktivierender Aufgabenformate in der ökonomischen Bildung. In: Arndt, Holger (Hrsg.): Kognitive Aktivierung. Bad Schwalbach, S. 157-171.

 

Weyland, M./ Schuhen, M. (2017): Durch experimentelles Lernen disziplinäre und fachübergreifende Perspektiven entwickeln. In: Arndt, Holger (Hrsg.): Perspektiven ökonomischer Bildung. Schwalbach, S. 257-273.

 

Weyland, M./ Stommel, P. (2016): Kompetenzorientierung 2.0 – Domänenspezifische Lernaufgaben für die ökonomische Bildung. In ZföB 2016, S. 94-118.